Krankenhausrecht: Entscheidung des BSG zum Honorararzt vom 17.11.2015
Hintergrund:
Unter dem Begriff des Honorararztes kann man in der Praxis verschiedene mehr oder weniger konsistente vertragliche Konstruktionen antreffen. Grundsätzlich geht es aber hierbei um die Leistungserbringung im Krankenhaus durch nicht in einem Angestelltenverhältnis zu diesem stehende Ärztinnen und Ärzte.
Ein dabei regelmäßig zu klärender Punkt ist die korrekte Abgrenzung der „freien“ Tätigkeit des Honorararztes von einer Angestelltentätigkeit. Hierzu muss stets der konkrete Einzelfall unter Würdigung der Gesamtumstände und der hierzu durch die Rechtsprechung entwickelten Kriterien betrachtet und bewertet werden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zudem mit Urteil vom 16.10.2014, III ZR 85/14, die lange währende Diskussion darüber entschieden, ob Honorarärzte ärztliche Wahlleistungen im Krankenhaus erbringen dürfen. Nach Auffassung des BGH ist dies mit Blick insbesondere auf § 17 Abs. 3 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) zu verneinen.
Bislang war unentschieden, ob bzw. inwieweit sich ein Krankenhaus bei der Erbringung allgemeiner Krankenhausleistungen nach § 2 Abs. 1 KHEntgG auch nicht angestellten ärztlichen Personals bedienen darf. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) nunmehr für eine Fallkonstellation aus dem Jahr 2006 verneint. Es hat dabei allerdings auch zu Recht erkennen lassen, dass dieselbe Fragestellung nach heutiger Rechtslage zu bejahen wäre.
Die Entscheidung
In der Entscheidung des BSG vom 17.11.2015, B 1 KR 12/15 R, ging es um eine vollstationäre Behandlung aus dem Jahr 2006 wegen Bandscheibenschäden durch eine dorsale Spondylodese. Seit April 2006 operierte in dem Krankenhaus ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Neurochirurg in diesem Bereich. Dieser stand nicht in einem Anstellungsverhältnis zu dem Krankenhaus. Vielmehr wurde er als Honorararzt tätig.
Das Krankenhaus berechnete für die Versorgung des Versicherten die Fallpauschale bzw. DRG I09C in Höhe von ca. 8.150,– Euro. Seitens der gesetzlichen Krankenkasse des Versicherten wurde die Zahlung abgelehnt, weil in den Budgetverhandlungen keine Leistungen für Bandscheibenoperationen vereinbart worden seien. Das zuständige Sozialgericht hat die Klage dann mit der Begründung abgewiesen, dem Krankenhaus stehe keine Vergütung zu, wenn die Operation (Hauptleistung) durch einen niedergelassenen Vertragsarzt erbracht werde, der nicht auch Angestellter des Krankenhauses sei.
Das zuständige Landessozialgericht hat dagegen dieses Urteil zweitinstanzlich aufgehoben und umgekehrt die Krankenkasse verurteilt, die entsprechende Summe an das Krankenhaus zu zahlen. Anders als das Sozialgericht war das Landessozialgericht der Auffassung, dass durchaus auch nicht angestellte Ärzte zur Erbringung vollstationärer Leistungen herangezogen werden könnten.
Das Bundessozialgericht stellte sich nun für den konkret entschiedenen Fall aus dem Leistungsjahr 2006 (!) auf die Seite der ersten Instanz. Nicht zuletzt scheint der 1. Senat diese Auffassung aus dem damals noch gültigen Grundprinzip der Unvereinbarkeit einer vertragsärztlichen Tätigkeit (wie hier) und einer Tätigkeit als Krankenhausarzt abzuleiten (vgl. § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV in der damals gültigen Fassung).
Allerdings
Auch das Bundessozialgericht lässt in der Begründung seiner Entscheidung vom 17.11.2015, B 1 KR 12/15 deutlich erkennen, dass derselbe Fall jedenfalls unter der ab dem 1.1.2013 gültigen Rechtslage gänzlich anders zu beurteilen gewesen wäre. In der Tat geht § 2 Abs. 3 KHEntgG in seiner heutigen Fassung ja ausdrücklich auf Qualitätsanforderungen bei der Erbringung von allgemeinen Krankenhausleistungen durch nicht im Krankenhaus fest angestellte Ärztinnen und Ärzte ein und lässt somit klar erkennen, dass der Gesetzgeber von der Zulässigkeit dieser Konstellation ausgeht.
Fazit
Nach heute gültiger Rechtslage und mit Blick auf die Ausführungen des Bundessozialgerichts in der genannten Entscheidung vom 17.11.2015 ist davon auszugehen, dass die Erbringung allgemeiner Krankenhausleistungen unter Hinzuziehung nicht angestellter Honorarärzte rechtskonform möglich ist.
Bei der Bewertung bereits zurückliegender Zeiträume wäre dagegen unter Beachtung der aktuellen Ausführungen des Bundessozialgerichts zum Honorararzt die jeweils in diesem Zeitraum aktuelle Rechtslage und die konkrete Fallkonstellation einer genauen Prüfung zu unterziehen.