Arbeitsrecht im Krankenhaus – Rückzahlungsverpflichtung für Weiterbildungskosten, LAG Erfurt v. 28.06.2023, 1 Sa 163/22
Arbeitsvertragliche Regelungen zu Rückzahlungsverpflichtungen hinsichtlich Fortbildungskosten und Weiterbildungskosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellen sich jedenfalls in der rechtsberatenden Praxis sehr oft als unwirksam dar. Arbeitnehmern kann dann insofern eine „Entwarnung“ gegeben werden (wobei immer ein prozessuales Restrisiko verbleibt) und Arbeitgebern muss man dann zur Anpassung raten. Das Landesarbeitsgericht hat in dieser Entscheidung aber die dort verwendete Klausel als wirksam erachtet.
Der Fall
Die Arbeitgeberin war hier die Betreiberin einer Krankenhauskette. Die Arbeitnehmerin war seit dem Jahr 1987 bei der späteren Klägerin beschäftigt. Im Jahr 2019 schlossen die Parteien eine Vereinbarung über die Weiterbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegehelferin der Mitarbeiterin ab. Diese wurde dann auch im Zeitraum vom 1.9.2019 bis zum 31.8.2020 durchgeführt. Die später Beklagte Mitarbeiterin verpflichtete sich dabei, die voraussichtlichen Kosten in Höhe von ca. 12.500,– Euro zu tragen. Konkret wurde folgendes vereinbart:
„Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die nach Ziffer 2 vom Arbeitgeber tatsächlich übernommenen Kosten an diesen zurückzuzahlen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von 24 Monaten nach Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen vom Arbeitnehmer, Arbeitgeber oder im gegenseitigen Einvernehmen beendet wird. Für jeden vollen Beschäftigungsmonat nach Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme vermindert sich der Rückzahlungsbetrag um 1/24.“
Als die Mitarbeiterin dann zum 31.5.2021 kündigte verlangte die Klinikkette u. a. ca. 3.000,– Euro Weiterbildungskosten von der Beklagten aufgrund der genannten Klausel zurück.
Die Entscheidung
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Klausel die Arbeitnehmerin nicht unangemessen benachteilige und somit nicht gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB verstoße.
Auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine Rückzahlungsklausel dann wirksam sein, wenn der Bindungsdauer ein angemessener Ausgleich in Form eines geldwerten Vorteils gegenübersteht. Dass können beispielsweise auch verbesserte Arbeitsmarktchancen oder eine höhere Vergütung sein. Konkret hat das Bundesarbeitsgericht etwa bereits entschieden, dass für Fortbildungen mit einer Dauer von drei bis vier Monaten eine zweijährige Bindung grundsätzlich angemessen sein kann (Urteil des BAG vom 19.1.2011, 3 AZR 621/08).
Auch die Regelung zu den auslösenden Gründen für eine Rückzahlungspflicht war für das Gericht rechtmäßig. Anders wäre dies beispielsweise zu beurteilen gewesen, wenn die Erstattungspflicht auch in solchen Fällen hätte entstehen sollen, wo die Mitarbeiterin nicht selbst kündigt oder sie zumindest nicht ein „Verschulden“ an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses trifft. Hier hieß es aber ja ausdrücklich, dass die Gründe von der Mitarbeiterin „zu vertreten“ sein mussten.
Bewertung
Die aktuelle Entscheidung zu einem echten Dauerbrenner im Arbeitsrecht nimmt die bestehende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Thema auf und sollte besonders für Arbeitgeber zum Anlass genommen werden, die verwendeten Klauseln einmal zu überprüfen und ggf. neu zu formulieren.