Berufsunfähigkeitsversicherung: BGH zur Befristung von Leistungen (IV ZR 235/18)
Die Kernaussage
Berufsunfähigkeitsversicherungen dürfen Leistungen nur dann befristet zugestehen, wenn sachliche Gründe hierfür gegeben sind. Diese Gründe müssen dem Versicherten dann auch nachvollziehbar erläutert werden (BGH v. 9.10.2019, IV ZR 235/18).
Der Fall
In den für den Fall einschlägigen Versicherungsbedingungen war vereinbart, dass ein zeitlich befristetes Leistungsanerkenntnis lediglich in „begründeten Einzelfällen“ bis zu einem Zeitraum von höchstens 18 Monate ausgesprochen werden könne.
Im Oktober 2013 beantragte der Versicherte die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente. Nach einem Gutachten, dass im Auftrag der zusätzlich bestehenden Krankentagegeldversicherung erstellt wurde, sollte der Kläger voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50 Prozent außerstande sein, in seinem zuletzt ausgeübten Beruf zu arbeiten. Es handele sich im Ergebnis um einen Dauerzustand und eine Besserung sei unwahrscheinlich.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung erhielt diese Stellungnahme und eröffnete dem Versicherten dann, dass man die Zahlung (befristet) von März 2014 bis Juni 2015 aufnehme. Eine Begründung hierfür erfolgte aber nicht.
Der Versicherte wollte dies nicht hinnehmen und setzte sich auf dem Klageweg zur Wehr.
Die Entscheidung
Der Bundesgerichtshof entschied nunmehr, dass eine Begründung für die Wirksamkeit der Befristung notwendig gewesen wäre. Dies ergebe sich bereits aus den Versicherungsbedingungen. Ein befristetes Leistungsanerkenntnis solle danach ja eben nur in begründeten Ausnahmefällen ausgesprochen werden. Dies bedeutet aus Sicht des Gerichts auch, dass eine Befristung der Leistung nur dann möglich ist, wenn ein sachlicher Grund tatsächlich vorliegt.
Das Gericht führt weiterhin aus, dass ein Versicherer nicht seine überlegenen Sach- und Rechtskenntnisse ausnutzen dürfe. Der Berufsunfähigkeitsversicherer habe vielmehr dafür zu sorgen, dass der Versicherungsnehmer und Kunde seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag auch sachgerecht wahrnehmen könne. Das kann er bei einer Befristung aber denklogisch eben nur dann, wenn ihm die vermeintlichen Gründe für die ausgesprochene Befristung auch bekannt sind.
Eine solche Begründung erfolgte im konkreten Fall wie dargestellt aber eben nicht und sie wurde auch nicht im Gerichtsverfahren nachgeholt. Die Versicherung ist daher nach der Entscheidung des BGH auch über den Juni 2015 hinausgehend zur Leistung verpflichtet, bis er ggf. ein gesetzlich geregeltes Nachprüfungsverfahren durchführt.
Bewertung
Die Entscheidung des BGH bedeutet im Ergebnis eine wesentliche Stärkung der Rechte der Versicherungsnehmer. Es ist davon auszugehen, dass eine große Zahl der in der Vergangenheit ausgesprochenen Befristungen von Leistungen seitens der Berufsunfähigkeitsversicherer unwirksam sind, da es an einer ausreichenden Begründung fehlt. Die betroffenen Versicherungsnehmer sollten zeitnah ihre Rechte überprüfen und ggf. ihre Ansprüche geltend machen.